Theaterrezension von ,,Das hier ist kein Tagebuch“

,,Tschüss, liebe Mama, ich bin froh, dass du meine Mama bist.“ - Fussel.

 

Am 15.03.2018 wurde vom jungen dt in der Prinz-von-Homburg Schule das Theaterstück ,,Das hier ist kein Tagebuch“ präsentiert. Das Stück ist eine Tragödie und die Handlung des Stücks stammt aus dem gleichnamigen Roman von Erna Sassen. Die Regie führt bei diesem Stück Branko Janack und die jeweiligen Rollen werden von den Schauspieler*innen Martin Bruchmann und Elena Schmidt verkörpert.

Die Aufführung fand in einem Klassenzimmer statt, weshalb es keine konkrete Bühne gab. Die beiden Schauspieler*innen haben die Tische, Fenster und einzelne Körperpartien stark in die Aufführung miteinbezogen, da sie dort die einzelnen Tagebucheinträge mitgeschrieben haben, um den Zuschauer*innen die jeweiligen Tage noch näher zu bringen und damit nachvollziehbar machen zu können, wie sich der Protagonist fühlt. Sie haben sich ebenfalls auf die Plätze vieler Zuschauer*innen gesetzt, weshalb sich diese dann umsetzen mussten. Ein paar wenige Male haben sie sich sogar auf die Tische und auf die Stühle gestellt, um wichtige Szenen besonders hervorzuheben.

Die Schauspieler*innen haben Alltagskleidung getragen, anstelle von ,,besonderen Kostümen“. Es wurde keine großartige Technik eingesetzt, da das Stück, wie schon erwähnt, in einem Klassenzimmer aufgeführt wurde und es kaum Möglichkeiten für einsetzbare Technik gab. In dem Stück spielt auch Musik eine Rolle, wie zum Beispiel das Stück "Stabat Mater" von Pergolesi. Zu manchen Tagebucheinträgen wurde demnach Musik vorgespielt, die Quelle dieser Musik war allerdings unbekannt, da man kaum registrieren konnte, woher der jeweilige Ton kam.

Die Schauspieler*innen verkörperten jeweils die Rollen von Bou/Boudewijn (Martin Bruchmann und Elena Schmidt), Fussel (Elena Schmidt), Pauline (Elena Schmidt) und dem Vater (Martin Bruchmann).

Premiere hatte das Stück am 05.10.2017 im Carl-von-Ossietzky-Gymnasium in Berlin/Pankow und mit dem Stück sollen Jugendliche, aber auch Erwachsene, mehr über das Thema Depressionen erfahren, da es immer noch viel zu viele Leute gibt, die kaum etwas über dieses Thema und über die Auswirkungen auf die betroffene Person wissen. Das Stück soll die Zuschauer*innen aufrütteln und ihnen zeigen, wie schwer es sein kann, mit einer Depression zu leben und was das für Folgen dies auf einen selber und die Außenwelt haben kann.

Ungefähr 25 Personen haben sich an diesem Tag die erste Aufführung angeschaut und die Reaktionen waren nur gering voneinander verschieden. Bei manchen Szenen hat die Vielzahl der Zuschauer*innen gelacht, aber es gab auch Momente, wo einige von ihnen erschrocken waren und auch verwirrt über die Tätigkeiten der Schauspieler*innen. Trotz allem waren aber alle Zuschauer*innen interessiert an dem Stück und man konnte auch bei einigen einen Hauch von Verständnis erkennen.

Die Atmosphäre im Raum war sehr angenehm, da man sich gut auf die Aufführung des Stücks konzentrieren konnte und niemand von den Zuschauern*innen sich während der Aufführung großartig bemerkbar gemacht hat.

Der Roman, aus dem die Handlung des Stücks stammt, war nominiert für den Jugendliteraturpreis 2016, aber das Stück selber hat bis jetzt noch keine Auszeichnungen erhalten.

5 Jahre ist es her, seit Bous Mutter sich das Leben nahm, nach Klinikaufenthalten, Medikamenten und verschiedenen gescheiterten Selbstmordversuchen. Das Leben mit seiner Mutter war so problematisch, dass Bou nicht einmal um sie trauern kann, sondern vor allem wütend ist. Jetzt, 5 Jahre später, Bou ist fast 16, bricht es über ihn herein, er fällt in eine Depression, schläft fast den ganzen Tag, fühlt nichts, interessiert sich für nichts und niemanden außer seiner kleinen siebenjährigen Schwester Fussel. Nach Alkoholexzessen und Medikamentenmissbrauch stellt Bous Vater ihm ein Ultimatum: Wenn er nicht jeden Tag etwas in ein Tagebuch schreibt und eine der klassischen CDs hört, die der Vater ihm gegeben hat, wird er in eine Psychiatrie eingewiesen.

Und so beginnt Bou zu schreiben, anfangs sehr widerwillig, später jedoch mit mehr Motivation. Er schreibt darüber, wie er das Leben mit seiner Mutter erlebt hat, wie er in der Schule schnell der Außenseiter war, wegen seiner erst kranken und später toten Mutter, wie er eine hoffnungsvolle Freundschaft (und vielleicht mehr) zu einer Mitschülerin namens Pauline, kaputt machte, weil er mit einer Situation überfordert war. Wie er sich fühlt, wie er die Musik wahrnimmt, wie er mal besser und mal schlechter durch den Alltag kommt und sich mit seinem Vater, seiner Tante Marjan und seiner Oma auseinandersetzt und so einen Weg findet, die versäumte Trauer nachzuholen und zu beginnen, die traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten.

„Meine ist also tot. (Mutter.)
Die Kategorie gibt es nämlich auch noch, die der toten Mütter.
Und wisst ihr, ICH FINDE ES NICHT SCHLIMM.
(Dass sie tot ist.)
Aber das zeige ich meinem Vater besser nicht, denn dann achtet der wieder tagelang ungemein auf mich. Ob ich mich auch normal genug benehme oder nicht doch reif bin für den Psychiater.“ (Bou)

,,WARUM MUSSTEST DU DICH UNBEDINGT UMBRINGEN? DUMME, EGOISTISCHE KUH!“ (Bou)

,,Müde Müde Müde Nichts gemacht Nicht an dem Ultimatum gearbeitet." (Bou)

Erna Sassen gelingt es, ein heikles Thema überzeugend zu verarbeiten, ohne dass das Ergebnis zu bedrückend oder hoffnungslos wirkt. Auch das daraus entstandene Klassenzimmerstück „Das hier ist kein Tagebuch“ macht nachdenklich, klärt auf, schafft Verständnis und verschafft gleichzeitig einen kleinen hoffnungsvollen Ausblick. Die Dramaturgie wurde von Lukas Müller gemacht und er hat einen sehr guten Job geleistet. Die wichtigsten Szenen konnten sehr gut rüber gebracht werden und man konnte die Gefühle und Gedanken von Bou gut nachvollziehen. Die beiden Schauspieler konnten die Rollen gut verkörpern und durch das überwiegend direkte Reden zu den Zuschauern konnte man sich besser auf die Szenen und auf die Handlung konzentrieren. Kurz gesagt ist es ein gutes Stück, was man sich durchaus mal anschauen sollte.



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